„Nachhaltig Bauen bedeutet vereinfacht ausgedrückt: Bauwerke errichten und erhalten, die ein Kapital für zukünftige Generationen darstellen und keine Altlast.“

Über diese Arbeit

Nachhaltigkeit mag heutzutage ein Begriff sein, der nicht zuletzt aufgrund seiner vielfältigen, gewöhnlich auf bestimmte Teilbereiche fokussierten Anwendungen und Auslegungsformen, vielfach als eine dem Zeitgeist entsprungene Erscheinung aufgefasst wird. Meist wird zudem die Tragweite und Historie des Begriffes unterschätzt und eine Beschäftigung mit etwaigen Anforderungen und Maßgaben findet nur oberflächlich und in unzureichender Intensität und Kompromisslosigkeit statt. Tatsächlich kann nachhaltiges Handeln jedoch als eine der grundlegenden Kompetenzen des menschlichen Siedlungswesens, welche offenkundig/mutmaßlich/anzunehmenderweise ein essentieller Erfolgsfaktor dieser Entwicklung war, angesehen werden. Zu Beginn dieses Prozesses waren die Auswirkungen menschlichen Handelns auf sein natürliches Umfeld gering: Als Sammler und Jäger war der Mensch zwar als einflussnehmender Konsument in viele Ökosysteme integriert, aufgrund der geringen Bevölkerungsdichte und -Anzahl jedoch nicht in der Lage empfindliche und weitreichende Störungen lokaler als auch globaler Zusammenhänge zu bewirken. Angepasst an natürliche Gegebenheiten, sind die einstigen Ansprüche und Möglichkeiten des Menschen dabei kaum mit seinen heutigen Handlungsweisen oder Fähigkeiten zu vergleichen. Emissionen resultierten im Wesentlichen aus offenen Verbrennungsvorgängen und produzierte Abfälle konnten in natürliche Stoffkreisläufe zurückgeführt werden, verursachten also keine dauerhaften Belastungen für die Umwelt. Der Mensch war schlichtweg noch nicht in der Lage sich die Natur in einem solchen Maße untertan zu machen, wie es ihm heute möglich ist. Zunächst mit dem kultivieren von Land und dem Wissen um die Nutzung des Feuers und letztendlich durch den technologischen Umbruch der industriellen Revolution entstanden Möglichkeiten gravierende Handlungswirkungen, -Ausmaße und -Effekte auf regionale und überregionale ökologische Wirkungszusammenhänge zu erzeugen.

Nicht mehr abhängig von natürlichen Gegebenheiten, sondern diese beherrschend, stellten sich schrittweise steigende Komfort- und Entwicklungsanforderungen über die Integration in bestehende Ökosysteme. Mittlerweile ist diese Entwicklung bis zu einem Punkt fortgeschritten, an dem die Menschheit nahezu alle natürlichen Systeme in einem solchen Maß übernutzt und bean-sprucht, dass deren Regenerationsfähigkeit um ein vielfaches überschritten wird. Von einer langfristigen Sicherung der Lebensgrundlagen scheint man zugunsten kurzfristiger Zielsetzungen fast gänzlich abgewichen zu sein, denn auch auf dem Handlungsfeld der durch den Menschen selbst initiierten und etablierten Systeme, dominieren wenig vorrausschauende Haltungen. Dabei scheint unstrittig, dass uns die Möglichkeiten nachhaltigen Handelns zur Verfügung stehen: Wissenschaft und Forschung haben große Teile bestehender Wirkungszu- sammenhänge entschlüsselt und nachvollzogen.

Kausalzusammenhänge (Ursache–Wirkungs–Prinzip) sind weitestgehend bekannt, Computersimulationen ersetzen partiell das Durchführen aufwendiger Versuche in der Praxis und die Verfügbarkeit von Baustoffen und Technologien ist trotz der sich abzeichnenden Ressourcenverknappung besser denn je. Viele Lösungen zur Erfüllung ökologischer Anforderungen – insbesondere im Bereich von Architektur und Baubetrieb – existieren zudem bereits seit mehreren Dekaden, was einen sicheren Einsatz in der Planung ermöglicht, da man auf zahlreiche Erkenntnisse und Kennwerte zurückgreifen kann. Dennoch scheinen wir – trotz dieser hervorragenden Bedingungen zur Entwicklung und Umsetzung nachhaltiger Konzeptionen – an bekannten Standards und Bauweisen festzuhalten, welche sich jedoch oft durch ein unzureichendes Maß an ökologischen Zielsetzungen auszeichnen. Demgegenüber stehen die gesicherten Erkenntnisse, dass globale Entwicklungstendenzen auf ökologischer, ökonomischer sowie soziokultureller Ebene – bezugnehmend auf etablierte Nachhaltigkeitsdefinitionen (≥ 01 Situation ≥ Nachhaltigkeitsmodelle) – langfristig auf eine drastische Veränderung der Lebensweisen und -Umstände, wenn nicht sogar auf eine Gefährdung unserer Lebensgrundlagen hindeuten. Dementsprechend sind veränderte, zukunftsfähige und an die jeweiligen Erfordernisse angepasste Handlungsmaximen und Prozesse, unter Abweichen von bekannten Routinen, zwingend erforderlich. Nachhaltiges Handeln ist keine zeithistorisch einzugrenzende Episode oder in ihrem Handlungsrahmen festzulegende Zielsetzung, sondern vielmehr ein kontinuierlicher Prozess, dessen Fortentwicklung aufgrund der globalen Rahmenbedingungen stetig notwendiger wird.

Aus genannten Gründen scheint eine Beschäftigung und Auseinandersetzung mit den Anforderungen an zukunftsfähige Architekturen nicht nur sinnvoll, sondern notwendig. Aufgrund des hohen Energie- und Rohstoffbedarfs existieren gerade auf dem Gebiet des Bauwesens wichtige Einsparungs- und Optimierungspotentiale, welche es zukünftig zu nutzen gilt. Für uns als werdende Architekten ist es daher essentiell einen Zugang zum Thema zu finden, ein Verständnis für die Gesamtproblematik zu entwickeln und einen Überblick über die zahlreichen Einflussfaktoren, Ziele und Lösungsstrategien zu gewinnen. Zu Beginn dieser Ausarbeitung wird daher zunächst auf die globale Situation – also die Rahmenbedingungen und Aussichten, denen wir gegenüberstehen – eingegangen, um daraufhin einen Bezug zu Architektur und Bauwesen herzustellen. Relevant ist eine Betrachtung der Gesamtzusammenhänge vor allem um zu verstehen, aus welchen Ebenen menschlicher Gesellschaften, Strukturen und Handlungsweisen ökologische Defizite resultieren und welchen Anteil diese an der sich allmählich zuspitzenden globalen Realität haben. Aufgrund der komplexen Zusammenhänge innerhalb des Themengebiets Nachhaltigkeit, kann im Rahmen dieser Ausarbeitung lediglich eine Momentaufnahme – gewissermaßen der ‚Status-quo‘ in Bezugnahme auf Architektur und Bauwesen – umrissen werden. Da der zeitliche Rahmen dieser Arbeit mit wenigen Wochen begrenzt, eine intensive Beschäftigung mit den Prinzipien nachhaltigen Bauens jedoch zeitaufwendig, sowie in allen Maßstäben und Detaillierungsebenen nahezu unerschöpflich ist, muss an dieser Stelle betont werden, dass weder ein Vollständigkeitsanspruch noch eine Mustergültigkeit der beschriebenen Maßnahmen erhoben wird – bzw. erhoben werden kann. Beschrieben wird daher ein Querschnitt augenblicklich zur Verfügung stehender Werkzeuge und Instrumente, die zur Umsetzung nachhaltiger Planungen bereitstehen und mittel- oder langfristig Potentiale aufweisen, den Anforderungen nachhaltiger Bauwerke zu genügen. Die mit einer weiteren Auseinandersetzung einhergehenden Erkenntnisse, sind daher als sinnvolle Ergänzungen zu den ausgeführten Grundlagen anzusehen. Ziel dieser Arbeit ist es, zunächst einen Zugang sowie eine Diskussionsgrundlage für die Vertiefung weitergehender Inhalte zum Thema nachhaltiges Bauen zu bieten, welche vor dem Hintergrund der Entwicklungsaussichten für die Architektenschaft unerlässlich scheint und als Grundlage zukünftiger Planungen anzusehen ist.

NACHHALTIGES PRODUKTDESIGN

Eine Arbeit zum Thema Nachhaltigkeit wird erst dann in sich schlüssig, erscheint sie nicht nur in ihrem Kern, sondern auch nach außen hin glaubwürdig. Im grafischen Gewerbe ist es in der heutigen Zeit üblich, sich viele Dinge sehr einfach zu machen. Gedruckt wird online, frei-gestellt oder produziert in Fernost, alles immer schneller und preiswerter. Leider bleibt so oftmals nicht nur die Qualität, sondern auch ein angemessenes Umweltbewusstsein auf der Strecke. Vielen Verbrauchern scheint es viel zu oft schlichtweg egal zu sein, welche ökologischen Maßstäbe die Publikation, die sie in den Händen halten berücksichtigt – etwaige Details erfahren kaum Wertschätzung. Dabei sollte der Anspruch eines jedem im Bereich der Gestaltung tätigen (unabhängig ob im Bereich Print, Digitale Medien oder wie in unserem Fall der Architektur) das Produzieren hochwertiger und qualitätsvoller Arbeiten sein, weshalb im Vorfeld einige Faktoren und Fragestellungen zu klären und zu berücksichtigen waren, um die Eingangs angesprochene Glaubwürdigkeit der Ausarbeitung zu gewährleisten. Das Thema Nachhaltigkeit sollte demnach nicht nur inhaltlich, sondern – einer holistischen Konzeption folgend – auch in der Produktion sowie bereits in der Gestaltung des Layouts erkennbar sein. Es geht dabei nicht einfach nur darum im Druck ein holzfreies Papier mit FSC-Zertifizierung zu verwenden. Gestaltung kann und muss mehr leisten um eine Arbeit innerhalb des Themenbereichs der Nachhaltigkeit auch wirklich nachhaltig umzusetzen. Das Verwenden einer sogenannten japanischen Bindung dient daher nicht nur dem Zweck einer zeitgemäßen Gestaltung, sondern bietet durch den Verzicht auf Leim- und Klebestoffe die Möglichkeit sämtliche enthaltenen Materialien – nach Ablauf des Lebenszyklus dieses Druckwerks – rückstandslos und unkompliziert voneinander zu trennen und in ihre Stoffkreisläufe zurückzuführen. Des Weiteren ermöglicht eine solche Buchbindemethode das Verwenden von dünneren Papierstärken. Die Falzung der Bögen erzeugt trotz reduzierter Materialstärken ein hohes Volumen und somit bei den Nutzern der Eindruck einer schweren haptischen Qualität. Während ein gängiges Laserdruckpapier 90-100 g/m² wiegt, ist der in dieser Arbeitet verwendete Bedruckstoff nur 60 bzw. 65 g/m2 leicht. Dadurch, dass der Falz des Druckbogens nach außen hin sichtbar ist und die offene Seite des Druckbogens im Bund verschwindet, können die Seiten über den Rand des Bogens hinaus laufen und werden so „versteckt“. Neben dem Effekt eines schönen Farbspiels im Schnitt des Buches spart dies ebenfalls Platz ein. Eine japanische Bindung ist auf vielerlei Arten zu verarbeiten. Nachdem die Bögen von Hand mit einem sogenannten Falzbein gefalzt werden, muss der Papierstapel zusammengetragen und temporär mithilfe von Maulklammern fixiert werden.

Um wie eingangs erwähnt auf den Einsatz von Klebemitteln zu verzichten, wird der Papierblock zunächst mit einer Bohrmaschine gelocht und daraufhin mit einem Faden genäht. Auf einen nachhaltigen Einsatz von Druckmitteln eingehend, spricht die stringente Verwendung von lediglich einer Farbe die klare Sprache einer angemessenen Reduktion: Werden nicht nur die Grundfarben des Vierfarbendrucks (Cyan, Magenta, Gelb und Schwarz) verwendet, müssen gewählte Farben im System der autotypischen Farbmischung miteinander kombiniert werden. Eine Sekundärfarbe – also eine Farbe, die aus 2 Grundfarben gemischt wird – wie beispielsweise Rot, wird aus Anteilen von Gelb und Magenta produziert. Tertitärfarben wie etwa Braun benötigen sogar 3 Grundfarben (Gelb, Mangenta und Schwarz). Ein Verzicht auf eine Farbigkeit im Druck bedeutet daher gleichermaßen das Einsparen eines Großteils des Farbauftrags. Um sich nicht dem Vorwurf der gestalterischen Simplizität unterwerfen zu müssen wird eine Farbigkeit einfach durch die Verwendung farbiger Papiere erzielt.

Neben dem besagten Effekt, dass im Druckvorgang somit Toner gespart werden, ergibt sich darüber hinaus eine schlüssige Buchstruktur für den Betrachter: Die farbigen Seiten werden in Kapiteltrenner und Anhang des jeweiligen Kapitels verwendet, was bewirkt dass der Buchblock eine farbige Unterteilung bekommt, Text- und Hilfsanteile deutlich sichtbar werden und so eine genaue Navigation zu entsprechenden Abschnitten der Arbeit ermöglicht wird. Um den interdisziplinaren Charakter der Arbeit zu stärken wurde beim Cover der Publikation eine weitere Druckform verwendet. Mit dem in Behörden bekannten Risographen MZ770 wurde das Deckblatt der Publikation zweifarbig bedruckt. Der große Vorteil des Risographen ist dabei, dass er nicht wie konventionelle Digital– oder Tintenstrahldrucker mit Tonerpulver oder Tintenfarbe, sondern auf Basis eines mit Farbpartikeln versetzten Gemischs aus Soja–Öl und Wasser druckt. Durch einen solchen Druckvorgang wird keinerlei CO2 ausgestoßen, was ihn als nachhaltigste Möglichkeit der Vervielfältigung – neben der manuellen Reproduktion - auszeichnet. Dadurch, dass der Risograph für jede Farbe der zu bedruckenden Seite eine so genannte Masterfolie belichtet – wodurch in etwa Kosten in Höhe von 0.30 Euro pro Folie entstehen – hätte es jedoch wenig Sinn ergeben eine Farbigkeit auf sämtlichen Seiten des Inhalts mit dieser Methode durchzusetzen. Um dennoch von der handgemachten Siebdruckasthetik dieser Drucktechnik zu profitieren, wurde daher zumindest das Buchcover auf dem Risographen der Staatlichen Akademie der Bildenden Kunste in Stuttgart realisiert.

Alle aufgeführten Aspekte komprimieren an dieser Stelle den Prozess der Auseinandersetzung mit der gestalterischen Ausführung der Ausarbeitung extrem. Tatsächlich resultieren diese jedoch aus einer konstanten Beschäftigung mit den Möglichkeiten einer Implementierung nachhaltiger Prinzipien und dem Versuch eines intelligenten Designs, welches die auf inhaltlicher Ebene getätigten Aussagen und formulierten Nachhaltigkeitsanforderungen unterstreichen soll.

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philippe bujakiewicz     silvia häfner